der Telefonierabendfjord
Radtour durch Südnorwegen, im August 2012
Im der Einkaufshalle von Sogndal gibt es Kuchenschneckchen im Angebot. Mit glänzenden Augen stehe ich vor einem großen weißen Plakat, wo in großen roten Lettern auf dieses Schnäppchen hingewiesen wird. Ich nehme 5 Stück, denke ich bei mir, dann reichen sie mir bis heute Abend. Ich wähle 5 der größten Kuchenschneckchen aus, je mehr Zuckerguss, umso besser. Wenigstens eine kleine Freude an diesem trüben Tag, an dem ich mich nicht so recht wohl fühle...
Am Morgen wache ich auf, stehe mit meinem Zelt irgendwo in den Bergen, inmitten einer weißen Wolke, aus der er es hier und da etwas vor sich hin nieselt. Die ersten Kilometer auf dem Rad führen bergauf, bis ich nach einigen Kilometern den höchsten Punkt dieses Passes erreicht habe. Leider gibt es nicht so richtig viel zu sehen, außer besagten weißen Wolke, die sich hier oben genauso befindet, wie am Morgen an meinem Zeltplatz. Wenigstens ist hier ziemlich wenig los, fahren doch die meisten Autos und LKW´s unter mir hindurch durch den Tunnel nach Laerdal...
Nach langer und brausender Abfahrt komme ich in Laerdal an, rolle pünktlich ohne Zwischenstop auf die Fähre, die mich nach Kaupanger bringen soll. Leider muss ich feststellen, dass es auch hier unten am Fjord einfach nur grau ist. In Kaupanger angekommen erwartet mich auf dortiger Straße Richtung Sogndal eine ordentliche Menge Verkehr..., und bruuuuummmmm rauscht der nächste LKW, in einem für meinen Geschmack ziemlich geringen Abstand an mir vorbei. Dieser Tag gefällt mir nicht...
Als ich Sogndal verlasse, habe ich keine Kuchenschneckchen mehr, alle fort... schon im Ausgangsbereich der Einkaufshalle von Sogndal war mir so danach, sie waren lecker..., wenigstens eine kleine Freude an diesem Tag, denke ich mir wieder. Es beginnt zu tröpfeln, und ich setze meinen Weg in Regenkleidung fort.
Wo könnte ich denn wohl übernachten an diesem Tag? Die Gegend erscheint mir zum Zelten nicht prädestiniert, es sei denn, ich möchte mich auf ein Kartoffelfeld stellen, grantele ich in mir. Ich nehme mir vor, mich im nächsten Ort einfach einmal auf einen richtigen, ausgemachten Zeltplatz zu stellen....
Als ich den nächsten richtigen Ort erreiche, suche ich den Zeltplatz, vielleicht könnte ich am Abend noch ein schönes Bild vom Fjord in der Nähe des Campingplatzes machen? Schon bald finde ich den Campingplatz. Er befindet sich gegenüber einer Art Mülldeponie, jedenfalls nicht sehr einladend, und ich beschließe trotz fort geschrittener Stunde noch weiter zu fahren, denn laut meiner Karte folgt der nächste Campingplatz schon bald. Dieser Campingplatz soll auf einer kleinen Landzunge liegen, und das mag doch nur von Vorteil sein, und ein schönes Bild vom Fjord am Abend versprechen. Angekommen an der Landzunge kündet ein großes Schild vom nicht mehr vorhandenen Campingplatz...
Was nun, es gibt hier doch mehr oder weniger keine andere Zeltmöglichkeit? Ich fahre weiter, und fahre nach einigen Kilometern an einem kleinen Rinnsal vorbei, welches vom Berg stürzt. Nicht sehr viel Wasser, aber doch immerhin so viel, dass ich an dieser Stelle mein Trinkwasser schöpfen könnte. Aber wo soll ich hier nur zelten. Etwa 300m weiter sehe ich einen schmalen, mit hohen Gräsern bewachsenen Streifen, zwischen Straße und Fjord gelegen. Es geht nicht anders, hier muss ich bleiben. Es ist weiterhin einfach nur grau, nur mittlerweile dunkler dabei....
Ich baue mein Zelt unter einigen Bäumen auf einer buckeligen Wiese auf. In der kommenden Nacht werde ich mir wahrscheinlich ein langwieriges Rückenleiden einhandeln, aber was soll´s, stolpere den Abhang hinunter, klettere auf allen Vieren über einige glibschige Steine und platsche in den Fjord... Ein Bad muss sein, und der Fjord gibt sich im Vergleich zu den vorherigen Gebirgsbächen wenigstens erstaunlich warm...
Nach dem Fjordbad gehe ich zum Rinnsal und fülle meine Wasserflaschen auf. Zum Kochen habe ich an diesem bewölkten und trostlosen Abend keine Lust, am besten wird sein.... ich verschwinde sofort im Schlafsack...
Doch da kommt auf einmal ein Sausewind zu mir geweht, und ich höre eine mir vertraute und so liebe Stimme aus dem blauweissen Land. Sie erzählt mir von den Geschehnissen zu Hause, und ich berichte von meinem nicht allzu glücklichen Tag. Ich freue mich sehr, und auf einmal vergesse ich die vergangenen Stunden und schöpfe neuen Mut. Ach wie gemütlich und schön ist es doch hier auf meiner Wiese am Fjord! Als der Sausewind vorüber geweht, zündele ich mir ein paar Kerzen an und blicke auf den Fjord. Der Fjord liegt still und leise, mir zu Füßen vor meinem Zelt, ich höre den Wasserfall vom gegenüber liegenden Ufer rauschen, in den Dörfern und auf den Höfen rings um den Fjord brennen die Lichter... es ist immer noch grau, aber... ach, wie schön ist es doch hier am Telefonierabendfjord... ,-)))
http://www.youtube.com/watch?v=o14cRSaTtFA&feature=related
hilke s 2. November 2012, 0:52
ein dramatisches bild..... da hat sich doch der graue tag gelohnt!vg hilke
RonaldJ 23. Oktober 2012, 21:03
Die dichte Besiedlung und die begrenzten Stellflächen entlang der südnorwegischen Fjorde sind natürlich manchmal ein Problem und kein Vergleich zu den endlosen Weiten der nördlicheren Gegenden. Wenigstens hast du diesen zermürbenden Tag mit einem fantastischen Panorama gekrönt!Viele Grüße
Ronald
Sigrun Fischer 18. Oktober 2012, 14:03
Einfach ein Traum, diese Landschaft, diese Stimmung,....Die Bearbeitung ist sehr gelungen und Deine Geschichte dazu ein Erlebnis. :)
LG Sigi
Peter Silje 7. Oktober 2012, 20:20
Auch ich kenne diese Situationen:Das fährst du (ich ja motorisiert) den ganzen Tag lang an traumhafter Kulisse vorbei, findest immer wieder Zeltplätze oder wilde Stellflächen.Und dann ist es später Nachmittag und plötzlich tut sich gar nix mehr.Gerade in deiner Lage als Alleinreisender stell ich es mir sehr schwierig vor. Keiner der dich so richtig aufbaut. Aber du hattest ja das Handy dabei.Wer anschließend solche Bilder komponiert, der MUSS gut drauf sein.
Foto wieder immer 1A+.
VG und komm gut in die Woche.
Peter
Stephan.Mertens 7. Oktober 2012, 17:37
Hej Tore,ein absoluter Knaller ist diese düstere Stimmung, die über dem klaren Wasser des Fjords liegt. Ein eigenartiges Licht, weder hell noch dunkel, im Bild wirkt das echt klasse! Erneut eine nicht zuletzt auch qualitativ sehr hochwertige Aufnahme.
Gruß,
Stephan
Sterni . 7. Oktober 2012, 10:34
well done !Anett Kunstmann 6. Oktober 2012, 22:56
ein grandioses Bild mit einem wirklich klasse Text dazu.Lichtlein 6. Oktober 2012, 22:22
Eine fantastische Welt tut sich vor einem auf, mystisch dunkel und auch fremdartig, aber zugleich faszinierend, bezaubernd und von magischer Anziehungskraft, der man sich kaum entziehen kann. Eine herrlich gestaltete Aufnahme von einem vielleicht als grau in Erinnerung zurückliegenden Tag. Auch deine Reisebeschreibung finde ich sehr gut.VG Lichtlein
Hans Dieter 54 Müller 6. Oktober 2012, 21:49
Auch ein grauer tag kann schön sein ... und...sei es nur ein schneckchen...lach...oder die erinnerung,die dann ein lächeln hervor lockt,wenn man daran zurück denkt...und...
bei dem schönen bild denkt man bestimt nicht an einen grauen alltag...
gefällt mir,das Bild und deine Story...Daumen hoch und ein Schneckchen für den Meister...
Gruß vom Westerwald Hans
Frank911 6. Oktober 2012, 21:48
Ein sehr schönes HDR Panorama.Das Foto gefällt.
Grüße
fabrizio bertini 6. Oktober 2012, 21:46
complimenti bellissima immmagine++++++++++ciao fabrizio
Tore Straubhaar 6. Oktober 2012, 21:34
Hallo Uschi,...;-)))
Bis dann und glg von Tore
Uschi D. 6. Oktober 2012, 21:31
wenn dein telefon gleich klingelt... dann bin ich das...fortsetzung folgt... grins...
bis dann... lg uschi
Jose A. Casal 6. Oktober 2012, 21:29
Fantastica !!!!!!Uschi D. 6. Oktober 2012, 21:01
ich schenk dir jetzt einfach ein...*chen... dafür... :-)
glg ich