#Be_Weekly 47
Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden, Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Das betrifft so ziemlich alle Dinge so und in diesem Fall eben auch ein Gebäude. Wenn man von der Südseite der Schlei so auf Schleswig von Osten nach Westen schaut, dann wandert das Auge zunächst über das relativ neue Quartier „Auf der Freiheit“, passiert die alte Fischersiedlung „Holm“, bewundert den Dom, der über die ganze Stadt zu wachen scheint, und möchte dann eigentlich am Schloß Gottorf zur Ruhe kommen und dessen Anblick genießen. Aber so weit kommt es nicht. Denn da ist etwas im Weg, so ein Ding, das wie ein Fremdkörper wirkt und einfach nicht ins Stadtbild passen will.
Die Rede ist vom „Wikingturm“, ein Projekt, das beim Bau nicht unumstritten war, beinahe zu einer Bauruine wurde (erinnert mich irgendwie an ein größeres Bauprojekt in Kiel), und statt eines Hotels ein Appartmenthaus mit Restaurant wurde. Die sachliche Beschreibung der Wikipedia lautet wie folgt:
„Der Wikingturm ist ein markantes Wohnhochhaus in der schleswig-holsteinischen Stadt Schleswig. Das achteckige Gebäude hat eine Gesamthöhe von 90 Metern verteilt auf 29 Geschosse. Im Gebäude befinden sich 241 Apartments. Durch seine charakteristische Architektur bestehend aus einem schmalen Unterbau und einen ebenso beschaffenen oberen Bereich in den obersten drei Etagen besitzt das Bauwerk einen hohen Wiedererkennungswert.“
Ein glückloser Turm
Wiedererkennungswert hat er, der Turm, unbestritten. Aber musste es denn ein so monströses Bauwerk sein? Zumal es irgendwie niemandem Glück gebracht zu haben scheint. Der Architekt und Investor: pleite, was eine mehrjährige Baupause zur Folge hatte. Neuer Eigentümer war die Landesbank Schleswig-Holstein, die Appartments verkauften sich in den Folgejahren aber aufgrund von wirtschaftlichen Krisen nicht gut, die ursprünglich angesetzten Preise ließen sich auch nicht mehr erzielen. Die Beliebtheit des Turmes blieb überschaubar. Und obwohl mittlerweile alle Wohnbereich auch einmal grundrenoviert wurden, kommt er nicht zur Ruhe, dann im angrenzenden Areal ist der Boden schadstoffbelastet und muss saniert werden.
Eine Schönheit ist er darüber hinaus in meinen Augen auch nicht. Vielleicht wäre das in einem anderen Gebäudekontext anders, in einem Umfeld, wo er thematisch reinpassen würde. Aber so bleibt er ein Fremdkörper, der sich gefühlt verirrt hat. Das kommt mir immer in den Sinn, wenn ich an Schleswig vorbeifahre. Jedes Mal. Aber, man hat sich sicherlich damals etwas dabei gedacht. Zumindest wenn man in der Dunkelheit an ihm vorbeikommt, strahlen die erleuchteten Fenster etwas Heimeliges aus. Tagsüber ist er einfach nur ein Klotz, wo sich jemand verwirklichen wollte.
Mehr Bilder: https://christianrohweder.de/2022/11/27/be_weekly-47/
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Dieses Bild ist Teil meines diesjährigen Fotoprojektes #be_weekly, mehr Infos findest Du hier: https://christianrohweder.de/2022/01/09/be_weekly-01/
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