Leopard's Ghost
Leoparden sind nicht nur ausgesprochen schöne und seltene Tiere, sondern auch sehr scheu und wahre Meister der Tarnung – wenn sie nicht gesehen werden wollen, hat man kaum eine Chance ihnen zu begegnen.
Ich habe auf Reisen durchs südliche Afrika und Kenia fast 10.000 km in Jeeps und Safari Trucks verbracht und nie einen zu Gesicht bekommen. Geschichten hörte ich viele, auch Bilder beweisen, dass sie mehr als nur ein Geist sind.
Diesmal, auf einer Tour durch Botswana, sollte es anders kommen, diesmal sollte ich gleich zweimal Glück haben.
***
Joe stoppte den Jeep, schaltete den Motor ab und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf ein Kudu, das friedlich, in etwa 30 Metern Entfernung, zwischen den Bäumen stand. Einige von uns begannen damit es abzulichten.
Wir hatte an diesem Tag schon viele Antilopen, Giraffen, Elefanten, selbst Löwen gesehen und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass unser Guide ausgerechnet wegen diesem Tier den Wagen anhielt und beobachtete ihn genau.
Er lehnte sich zurück, nahm gelassen sein Fernglas vom Beifahrersitz und schaute aufmerksam in eine ganz andere Richtung. Ich tat es ihm nach, nahm ebenfalls mein Glas, und suchte in genau diesem Bereich.
Da war relativ dichter, zu dieser Zeit meist laubloser, Trockenwald zu sehen. Einige Bäume waren, wie sooft hier, ziemlich stark von Elefanten demoliert. Sonst war da nichts – kein Löwe, kein Geier oder Adler wäre mir entgangen, dessen war ich mir völlig sicher. Ich nahm das Glas runter und schaute zum Guide, der noch immer gespannt in eine Richtung schaute.
Resigniert fragte ich: „Joe, … what the fuck are you watching there?“ Er antwortete völlig ruhig und mit einiger Verzögerung: „Well Frank, … there's an Impala ….“ Joe drehte sich um, schaute mich an und fügte nach einer ausgedehnten Atempause hinzu: „... on a tree.“
Ich glaubte meine Ohren nicht zu trauen, dachte er machte einen Witz, bekam jedoch sofort eine Gänsehaut als mir klar wurde, was das bedeutet: Ein Impala auf einem Baum konnte nur das Werk eines Leoparden sein!
Und tatsächlich – da war irgendetwas! Auf einem Baum, in etwa 150 Metern Entfernung, war eine unnatürlich aussehende Verdickung zu erkennen, die sich farblich kaum von der Rinde des Baumes unterschied.
Woran Joe erkannt hat, das es sich hierbei um ein Impala handelt, bleibt sein Geheimnis. Er war ein Profi, seinem Instinkt und seinem scharfen Auge entging fast nichts. Seine wachen Sinne sollten uns noch viele Male faszinieren. Joe hatte diese „Unregelmäßigkeit“ in den Ästen des Baumes tatsächlich erkannt, während er den Wagen fuhr und noch deutlich mehr als 250 Meter davon entfernt war.
Der Leopard war nicht zuhause, aber immerhin - wir hatten sein Versteck gefunden.
Am Abend des gleichen und Morgen des nächsten Tages sahen wir ihn dann. Er hatte ein Junges dabei und war extrem scheu. Auf weniger als 100 Meter kamen wir nicht an ihn heran. Die entstandenen Bilder sind mit einer D300 und einem AF-S 300/4, zum Teil in Kombination mit einem TC 17, bei schwierigen Lichtverhältnissen und ohne Stativ entstanden. Auch, wenn sie aus technischer Sicht eine totale Katastrophe sind, zeugen sie doch von einem bleibenden Erlebnis, das mich ganz sicher auf ewig begleiten wird.
Die zweite Geschichte ist schneller erzählt.
Wir zelteten auf fast der gesamten Tour wild. Das heißt, irgendwo im Busch, fernab von Zeltplätzen, ohne Strom, Wasser oder sanitären Einrichtungen.
Wieder hat unser Guide etwas gehört, gesehen oder gerochen – ich weiß es nicht!
Es war schon stockdunkel und wir waren bei der Zubereitung des Abendessens, als es plötzlich hieß: „Leopards!“
Im Licht der Taschenlampen erkannten wir einen, später zwei halbwüchsige Jungtiere, die sich, angelockt durch den Fleischgeruch unseres Abendessens, dem Lager näherten. Sie spielten in etwa 30 Metern Entfernung miteinander und ließen sich durch den Schein der Taschenlampen nicht beeindrucken. Ich experimentierte mit meinem kleinen Nachtsichtgerät herum, als Chris, unser botswanischer Koch meinte: „Frank, you can try to take any pictures.“
Ohne Blitzlicht ging da gar nichts, weswegen ich anfangs bedenken hatte. Die beiden Leoparden kamen immer näher, fingen an, sich an den Zelten zu schaffen zu machen, so dass Chris und Joe von Minute zu Minute unruhiger wurden und uns schließlich in den offenen Jeep beorderten. (Die Mutter hätte immerhin noch in der Nähe sein können.)
Ich konnte hier, möglicherweise durch temporären Realitätsverlust bedingt, keine Gefahr erkennen, ignorierte die Anordnung und machte die eingestellten Fotos - abermals keine technischen Meisterwerke, aber wiederum ein unvergessliches Erlebnis.
***
Das Bild „Leopard's Ghost“, das mich inspirierte diese Zeilen zu schreiben, war eigentlich schon auf direktem Weg in den Papierkorb, als ich es mir doch anders überlegte.
Es war immer mein Wunsch einen, auf dem Baum sitzenden Leoparden mit herunterhängendem Schwanz bei tiefstehender Sonne technisch perfekt auf den Chip meiner Kamera zu brennen.
„Leopard's Ghost“ erfüllt keines dieser Kriterien - lebt nicht von vollendeter Harmonie im Abendwind, sondern von der Geschichte - meiner Geschichte - die dahinter steht und erzählt werden wollte.
Swantje M. 20. September 2011, 20:09
Danke für die tolle Geschichte und Dein Bild wirkt sehr lebendig und man kann erkennen, was für ein tolles Erlebnis es für Dich war. Wir müssen bald mal wieder einen Stammtisch machen ;o)LG Swantje
D.ominik 20. September 2011, 11:34
Finde die Story und auch die Bilder gelungenWare selber schon viel in Afrika unterwegs und Leoparden sind echt schwer zu erwischen :-)
War mit sicherheit ein Geiles erlebniss
Gruss Domi