(005) nicht mein Auto

(005) nicht mein Auto

Ich bin gegangen. So viele Menschen am Wegesrand, Fußgänger, so viele Menschen in ihren Autos, Autofahrer, so viele Menschen, bei denen ich nicht sicher bin, zu welcher Klasse sie gehören. Mein Weg hat mich zum Händler von Statussymbolen geführt. Ein Verkäufer, ersah eher wie ein frisch gebadeter Liftboy aus, zeigte mir Autos in allen Farben. Ich suche ein rotes Auto. Er zeigte mir Autos in roter Farbe, aber keine roten Autos.
Und dann stand er da, der Traum eines roten Autos. Schnell, unglaublich schnell schon im Stehen. Verliebt sahen wir uns in die Augen. Das Auto blickte mich durch seine schrägen Augen an, ich blickte das Auto durch leicht gläserne Augen an. Blicke ineinander versunken, miteinander verkeilt und ich konnte seine Botschaft hören.
Nein, ich werde mir dieses Auto nicht nehmen, ich werde es nicht mitnehmen, damit wir Freunde bleiben können. Ich suche die erotische Frau und nicht das erotische Auto.
So ein Auto besetzt das Zentrum der Lust.
Ich will mein Zentrum der Lust von erotischen Frauen besetzen lassen.
Auto, ich habe Deine Botschaft verstanden, wir bleiben Freunde und ich nehme mir die willigen Mädchen, Du nimmst Dir die alternden Knaben.

Ich bin wieder in meinen alten Wagen gestiegen und war glücklich, weil ich es verstanden habe, weil ich begriffen habe. Jetzt weiß ich, keine Frau wird sich nach mir umdrehen sondern nur nach dem Auto, wenn ich diesen Traum auf Rädern unter meinem Gesäß habe. Und mein Gesäß, ich habe es mir noch mal im Spiegel angesehen, ist gar nicht so übel für mein Alter, nicht schlecht für einen Mann, auf jeden Fall interessant.

Ich habe auch die zweite Botschaft des Roten verstanden und sofort ein Cafe in der Nähe aufgesucht. Ein Espresso vor mir und ich komme wieder in das hier und jetzt. Ich finde mich wieder in meiner neuen Freiheit zurecht und fühle mich angekommen, aufgenommen und bestätigt. Hinter mir liegen die Romanhelden mit ihren nach Lust und abwaschbarem Sex gierenden Anhängseln. Und zum ersten Mal fühle ich mich auf dem richtigen Weg, der immer klarer wird, der immer sicherer wird, der sich mir immer weiter öffnet.
Ich habe ein Mädchen beobachtet, ein Mädchen in einem dunkelroten Kleid, offene Haare, offenes Lachen, offene Augen. Sie hat sich nach mir umgedreht, mich angesehen, mir eine Ahnung ihres Körpers gegeben, aus der Ferne und doch ganz nah und ich konnte ahnen, sie trug keinen Slip. Ich bin auf dem richtigen Weg.
War die Offenbarung, die gar keine Offenbarung war, eine an mich gerichtete Botschaft? Ich bin unsicher und doch sicher. Ja, es war eine Botschaft, auch wenn sie mit dieser Botschaft wieder entschwunden ist und mir nur die Erinnerung geblieben ist. Aber immer noch besser als meine bisherigen Jahre, in denen ich Erinnerungen geschrieben habe, die nur von meinen Romanhelden geliehen waren. Ich bin mitten im Leben, mitten in meinem neuen Leben.

Wer ich bin, steht im Profil.
Vor diesem Tagebucheintrag war